Haltestelle Sehnsucht (2017)

Ein seltsamer Ort. Eine seltsame Nacht...

Irgendwo in einer großen Stadt treffen an einer Haltestelle, an der nie ein Bus fährt, die unterschiedlichsten Leute aufeinander. Manche derb. Manche zart. Alle ein bisschen komisch. Eine behauptet, sie sei eine Prinzessin von einem anderen Stern. Einer will seinem Leben ein Ende setzen, weil er nicht erträgt, dass der Welt der Stil abhanden gekommen ist. Eine ist stumm oder vielleicht auch nicht. Eine sucht seit 19 Jahren ihren Mann. Einer vertickt Pillen. Eine hat alles verloren und freundet sich mit der Freiheit an. Eine schreibt Gedichte, für die sich niemand interessiert. Einer ist blind. Wirklich. Einer hat ne Würstchenbude und ein heiteres Gemüt. Zwei haben sich übers Internet verabredet und sich verpasst. Eine rastet aus. Alle sind sie unterwegs mit ihren Träumen, Hoffnungen, Nöten, Erinnerungen. Alle können sie mal mehr, mal weniger miteinander anfangen. Es wird geredet, reichlich aneinander vorbei, bis manchmal, ganz flüchtig, Verständigung gelingt. Es wird geflucht und abgezockt, gelacht und getanzt, geheult, geschwiegen, gegessen, geraucht, gemordet, geküsst, vielleicht sogar geliebt, auf jeden Fall gesucht und manches gefunden. Ein Pfennig zum Beispiel. Nähe. Vielleicht auch Sinn.

An vier Abenden im März 2017 konnte man sich an der "Haltestelle Sehnsucht" einfinden und sich überraschen lassen. Von den allermeisten unserer Nachtschwärmer, die auf den zweiten Blick nicht (ganz) so waren wie auf den ersten schnellen. Und dann hatte plötzlich auch noch die Wirklichkeit einen doppelten Boden. Mindestens einen: Nicht nur tauchten plötzlich mehrere zuvor ums Leben Gekommene als Geister wieder an der Haltestelle auf, um mit weiserem Blick auf ihr eigenes Leben und das der anderen zu schauen und das Treiben an der Haltestelle zu kommentieren, - nein, es entpuppte sich jemand als mutmaßlich der Tod himself, und womöglich kam auch ein Raumschiff ins Spiel: So ganz genau konnte das am Ende keiner sagen, als sich die allermeisten und das allermeiste  unter größerem Getöse und untermalt vom Can Can aus "Orpheus in der Unterwelt" in die Höhe oder sonstwohin erhob.  Nothing is real. Alles ist wahr. So siehts aus.

Gespielt haben wir dieses Stück mit dem "heterogensten Ensemble ever": Nachdem sich im Jahr zuvor mit "Zahltag" der kleine harte Kern eines über mehrere Jahre gewachsenen Ensembles verabschiedet hatte, hatte sich für diese Produktion eine neue Gruppe zusammengefunden, die unterschiedlicher kaum sein könnte: Zu einigen Alten Hasen, die sich nach dem Abi noch ein Jahr Goslar und damit ein Jahr Theater gönnen wollten, kamen gut ein dutzend neuer spielfreudiger Mädchen und Jungen hinzu, breit gestreut aus den Jahrgängen 7 bis 12. Und mit einem kurzfristig eingesprungenen ehemaligen Mitglied unserer Truppe kamen wir zu guter Letzt auf ein etwa zwanzigköpfiges Ensemble mit einer Altersspanne von elf Jahren. Das war ziemlich besonders. Und besonders schön!


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